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Warum horten wir Kleidung für besondere Anlässe?
Wissen Sie, was viele der besten Stücke in unseren Kleiderschränken gemeinsam haben? Sie kommen nur selten ans Tageslicht. Ich wette, auch Sie haben dieses bestimmte Teil – ein Kleid, eine Bluse, einen Schuh oder ein Tasche -, die Sie für eine besondere Gelegenheit aufheben. Nur dass diese Gelegenheit irgendwie nie kommt. Und so führen einige unserer schönsten Teile ein wahres Schattendasein. Warum ist das so?

Dieser Frage geht Gillian Dunn in ihrem TEDx -Talk in White Rock, Kanada, nach. Die Krankenschwester aus der Intensivstation hatte ein Schlüsselerlebnis, das sie zum Nachdenken brachte. Seitdem ist sie auf einer Mission. Sie möchte Menschen helfen, die Ursachen dafür zu erkennen, warum sie besonders schöne Dinge horten, anstatt sie zu nutzen – oder zu verbrauchen.

Ich habe mich in der Rede von Gillian an einigen Stellen ertappt gefühlt. Und ich bin gespannt, wie es Ihnen damit ergeht…

Die Original-Rede in Englisch finden Sie hier auf YouTube.

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Im Folgenden habe ich Ihnen die wichtigsten Erkenntnisse zusammengetragen.

Was schläft in Ihren Schränken, das Sie für besondere Gelegenheiten aufheben?

Zuerst einmal stellt Gillian – wie viele Frauen – fest, dass sie nur allzu oft vor ihrem vollen Kleiderschrank steht und überrascht feststellt: Ich habe nichts anzuziehen!

Sie resümiert: Der Kleiderschrank ist nur einer der Orte, an dem uns unser Besitz schlichtweg überwältigt. Tatsächlich zeigen einschlägige Untersuchungen, dass wir nur 20 Prozent unserer Kleidung in über 80 Prozent unserer Zeit tragen.

Und dennoch kaufen wir immer mehr davon.

Nicht zuletzt, da jedes zusätzliche Kleidungsstück nur einen Klick entfernt liegt. Im Zweifelsfall müssen wir gar nicht vom Sofa aufstehen, um den Kleiderschrank zu füllen. Und unsere Wohnungen oder Häuser ebenfalls.

„Shoppen“ heißt die neue Freizeitbeschäftigung. Überfluss ist das gesellschaftliche Phänomen, das daraus resultiert.

Immer mehr Dinge anzuhäufen, sei aber gar nicht das eigentliche Problem (einmal abgesehen von den Auswirkungen auf unsere Umwelt). All die Dinge zu nutzen, die wir besitzen, aber schon.

Gillian macht an dieser Stelle in Ihrer Rede eine kleine Umfrage im Publikum, der ich mich gerne anschließe:

  • Haben Sie auch Kleidung im Schrank, an denen noch das Preisschild hängt?
  • Wie viele Stücke haben Sie im letzten Jahr nicht einmal getragen?
  • Wie viele Deko-Kerzen haben Sie im Haushalt, die Sie noch nie angezündet haben?
  • Oder wie sieht es mit der Flasche Champagner aus, die immer noch auf die besondere Gelegenheit wartet?
  • Oder vielleicht steht ja auch in Ihrer Garage ein wertvolles Gefährt, das fast nie Ausgang hat?
  • Ganz zu schweigen vom „guten“ Porzellan, das nur für besonderen Besuch vorgesehen ist…

Seit ihrem Schlüsselerlebnis findet Gillian Dunn viele solcher und weiterer ungenutzter Dinge – bei sich selbst, bei Freunden und Bekannten.

Das Schlüsselerlebnis: Die besten Dinge bleiben im Schrank, weil…

Ihr eigenes Aha-Erlebnis beschreibt sie folgendermaßen:

Damals reiste Sie nach Mexiko. Dort sah sie eine wunderschön aufwändig verzierte, blaue Kerze, die sie sich kaufte. Zuhause angekommen entschied sie jedoch, dass die Kerze zu schade sei, gleich angezündet zu werden. Sie blieb in der Verpackung und verschwand im Schrank.

Drei Jahre sollte es dauern, bis sie sich an die Kerze erinnerte. Jetzt, zu diesem besonderen Anlass sollte sie brennen. Doch leider: Die schöne blaue Kerze war in ihrer Verpackung zu einer blauen Wachsmasse zusammengeschmolzen.

Seitdem recherchiert Gillian nach den Gründen:

Warum häufen wir Dinge an, die wir nicht nutzen?

Es sind nicht die preisgünstigen Jogginghosen oder das Geschirr von Ikea, das dieses Schicksal erleidet. Es sind die “guten“ Dinge: der tolle Hosenanzug oder das Kostüm, das wertvolle Kleid, die teure Handtasche, der exklusive Schmuck.

Gillian berichtet von einer eigenartigen Begegnung – dem Gespräch zweier Männer, die sich beim Einkaufen treffen.

Mann 1: „Oh, Sie tragen da aber eine ganz wunderschöne Armbanduhr!“
Mann 2: „Wenn Ihnen diese so gut gefällt, dann sollten Sie erst einmal die Uhren sehen, die ich nicht trage!“
Und als ob das nicht schon sonderlich genug wäre, antwortet Mann 1: „Sie haben ja so Recht! Die besten Stücke verlassen natürlich niemals das Etui.“

So viele Armbanduhren, die nicht getragen werden! So viele Uhren, die in Schränken vor sich hin ticken, deren Batterien langsam schwinden, während ihre Besitzer nur die zweitbeste Uhr tragen!

Wie sieht das mit Ihrer Kleidung, Ihren Taschen, Ihren Schuhen aus? Ticken diese auch vor sich hin?

Ein Gefühl und zwei Glaubenssätze sind schuld.

Gillian findet heraus, dass es ein ganz bestimmtes Gefühl ist, das wir haben, wenn wir diese besonders wertvollen Dinge nutzen möchten:

Anstatt dass wir uns besonders fühlen, wertvoll, uns etwas gönnen, uns vielleicht sogar ein bisschen verwöhnen wollen, fühlen wir nur: Dieses Ding ist eigentlich zu schön für mich. Für meinen Alltag. Für jeden Tag. Oder überhaupt.

Tatsächlich basiert dieser Instinkt, Dinge zu horten, auf zwei Glaubenssätzen:

  • Ich bin nicht genug.
  • Ich habe nicht genug.

Überlegen Sie einfach einmal, an was Sie zuerst denken, wenn Sie morgens aufwachen:

„Ich habe nicht genug geschlafen.“

Oder: „Ich habe nicht genug Zeit.“

Das sind nur zwei Symptome des „Nicht-genug-haben-Könnens“.

Tatsache ist: Heute leben viele Menschen in Häusern und Wohnungen, die dreimal so groß sind wie noch vor 50 Jahren. Und dennoch sind die Garagen so voll, dass man darin fast keine Autos mehr parken kann.

Der zweite Glaubenssatz ist noch perfider: „Ich bin nicht genug.“

Dies führt unmittelbar zu Einkaufsorgien als Ersatzbefriedigung. Man stellt sich ein Leben vor, das man gerne hätte und kauft dafür ein:

  • Eine Hose, die bestimmt toll aussieht – wenn ich erst einmal 5 Kilos abgenommen habe.
  • Ein Werkzeug oder Gerät, das mich ein bestimmtes Hobby viel besser ausführen lässt – wenn ich dann endlich Zeit dafür habe.
  • Die High Heels, die vor dem Spiegel ein Superweib entstehen lassen – und niemals das Haus verlassen.

Wir kaufen Dinge, weil wir uns vorstellen so zu sein, dass wir sie brauchen, tragen, nutzen könnten. Aber zwischen Kasse und Zuhause verlässt uns die Hoffnung und das Ding landet im Schrank – zusammen mit all den anderen Dingen, auf unbestimmte Zeit.

Diese Dinge sind nicht einfach Dinge. Dinge sind Versprechen für ein anderes Leben – mit einer besseren Version von uns selbst. Es sind Versprechen für den Tag, wenn…

Sie können die Lücke füllen: Wenn Sie beruflich den erhofften Erfolg haben, wenn Sie ein paar Kilos verlieren, wenn Ihr reales Leben endlich dem Leben entspricht, das Sie auf Instagram schon haben.

Aber was ist, wenn dieses „Wenn“ niemals kommt?

Hier kommt Gillians Erfahrung als Krankenschwester auf der Intensivstation ins Spiel:

Täglich sieht sie Menschen, für die das „Wenn“ niemals stattfinden wird.

Welche Lehre sie aus diesem täglichen Kontakt mit Leben und Tod zieht?

„Leben ist genau das, was Sie daraus machen. Gestalten Sie Ihr Leben so, dass Sie es genießen!“

Angesichts des Todes oder eines Unfalls, der das Leben verändert, fallen Ihre Ausreden, warum Sie Ihre schönsten Stücke nicht tragen oder nutzen, in sich zusammen. Sie werden bedeutungslos.

Werfen Sie diesen – häufig unbewussten – Glaubenssatz „Ich bin nicht gut genug“ über Bord!

Sie sind gut genug, um sich diese schönen Dinge in Ihr Leben zu bringen! Und zwar jetzt!

Wenn es keine Ausreden mehr gibt, dann ist sie da: die Zeit, Ihre schönsten Sachen zu tragen, zu nutzen, zu gebrauchen.

Es wartet viel Freude auf der anderen Seite auf Sie – der Seite, auf der es keine „guten Gründe“ mehr gibt, etwas besonders Schönes oder Wertvolles nicht zu nutzen. Es ist der Ort, an dem Sie gut genug sind. An dem jeder Anlass Ihres Lebens gut genug ist. Denn er ist es immer. Es ist schließlich Ihre Lebenszeit!

Gillian Dunn schließt ihren Vortrag mit einer Metapher:

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten ein wunderschön verpacktes Geschenk. Würden Sie es einfach in das Regal stellen – und nicht auspacken? Das käme Ihnen gar nicht in den Sinn oder?

Das Leben wiederum gibt Ihnen jeden Tag, jede Stunde, jeden Moment ein Geschenk: Das heißt „Heute“.

Und wir machen es nicht auf. Da wir falsche Glaubenssätze gespeichert haben. Und so schmilzt unser Leben dahin – wie eine blaue Kerze aus Mexiko.

Also: Tragen Sie das tolle Kleid, die super Schuhe, die teure Tasche! Auch im Alltag. Trinken Sie den Champagner – auch wenn es alleine vor dem Fernseher ist. Nutzen Sie das gute Porzellan einfach jeden Tag in Ihrem Leben!

Und zwar heute. Oder zumindest diese Woche. Und zwar egal, ob die Gelegenheit passt oder nicht.

Versprochen?

Und eine kleine persönliche Ergänzung an dieser Stelle: Alles, was Sie nicht nutzen, brauchen Sie doch nicht wirklich oder?

Was uns wieder zur Frage führt: Wie viel brauchen wir wirklich?

Sie kennen meine Antwort darauf: Wenig. Aber das Richtige. Und davon das Beste, was Sie sich leisten können. Und dann tragen Sie es möglichst häufig. Oder nutzen Sie es möglichst täglich. Weil Sie gut genug dafür sind.

Welches gute Stück werden Sie in der kommenden Woche endlich tragen oder nutzen? Wofür sind Sie sich in den kommenden Tagen endlich gut genug?

Berichten Sie hier von Ihrem kleinen Luxus im Alltag!

Anmerkung: Die meisten Inhalte dieses Beitrags sind eine freie Übersetzung und Interpretation der Rede von Gillian Dunn. Diese hat mich beeindruckt, da sie beschreibt, was ich seit vielen Jahren fühle. Dass wir zu viele Dinge besitzen. Zu viele Dinge nicht nutzen. Und dass dies eine tiefere psychologische Ursache hat. Danke, Gillian, für Ihre aufschlussreichen Worte!

Anmerkung 2: Dieser Beitrag entstand vor der Corona-Krise. Die Überlegung, was wir wirklich zum Leben brauchen, ist heute dringlicher denn je. Ich bin sicher: Wenn wir uns auf das wirklich Notwendige und Richtige für unser Leben konzentrieren und uns von dem Wenigen das Bestmögliche gönnen, werden wir befreiter und glücklicher leben – trotz, während und nach einer Krise. Achten Sie gut auf sich!